Habt ihr gewusst, dass der Regenwurm beim Graben das 50-fache seines Körpergewichts zur Seite schiebt? 400 - 500 Stück leben auf einem Quadratmeter und sorgen für die perfekte Bodendurchlüftung. Ganz schön stark, oder?!
"Ohjehminemine!", seufzt Wurmo niedergeschlagen, als er in der Regenpfütze sein Spiegelbild sieht.
"Braun, schrumplig und glitschig. Schön geht anders. Ohjehminemine!", mault Wurmo, der Regenwurm noch lauter auf und schaut neidisch zum schönen Buntspecht, der auf einer Astgabel über ihm sein schönes Gefieder putzt. Mehrere seiner bunten Federn fallen dabei zu Boden direkt vor Wurmos Nase. Und Wurmo hat eine Idee. Er sammelt die Federn ein und klebt sie sich mit etwas Baumharz an seinen so hässlichen Körper.
"Schon besser, aber noch nicht perfekt", denkt Wurmo und lächelt.
Jede Feder, die Wurmo auf seinem Weg findet und die ihm gefällt, klebt er sich nun am ganzen Körper auf. Eine regenbogenschillernde Elsterfeder, eine leuchtend weisse Schwanenfeder, die prächtige Feder eines Mäusebussards. Besonders stolz ist er auf die nachthimmelblaue Pfauenfeder, die er gestern am Wegrand gefunden hat. Wurmo sucht, findet und klebt auf, bis er keinen Platz mehr auf seinem Körper hat, um die klitzekleinste Kolibrifeder aufzukleben. Sein neues Federkleid ist nicht gerade kriechfreundlich. Ausserdem kann Wurmo seit Wochen nicht mehr in der Erde wühlen, wie er es so gerne tut. Aber für sein neues Aussehen nimmt er das gerne in Kauf, auch wenn er schon ganz dünn geworden ist und sein Magen laut rumpelt vor lauter Hunger. Müde und geschwächt bleibt Wurmo kurz stehen und bewundert im Seerosenteich sein Gefieder, als er ein zuerst leises und dann immer lauter werdendes Lachen hört. Wurmo blickt um sich und entdeckt die Nacktschnecke, die sich vor Lachen den nackten Bauch hält.
"Was ist denn mit dir passiert, Wurmo?! Karneval ist doch schon längst vorbei", sagt die Nacktschnecke amüsiert und lacht sich schlapp.
"Halt die Klappe! Hast du dich mal angeschaut, du hässlicher Schleimkriecher!", antwortet Wurmo beleidigt.
"Mag schon stimmen. Aber lieber bin ich eine schlabbrige Nacktschnecke, als ein armes, unfreundliches Würmchen, dass keinen Spass mehr versteht!", antwortet die Nacktschnecke gekränkt und macht sich so schnell es geht aus dem Staub.
"Ohjehminemine, ganz unrecht hat sie nicht!", murmelt Wurmo und betrachtet sein Spiegelbild.
"Ich bin wirklich ein armes Würmchen geworden!"
Wurmo fasst einen tapferen Entschluss und rollt so lange in einer kleinen Wasserpfütze hin und her bis sich all seine Federn wieder abgelöst haben. Wehmütig blickt Wurmo zum Himmel und träumt von seinem Gemüsegarten, in dem er so gerne die Erde durchwühlt. Doch die Federnsuche hat Wurmo ganz weit weg von seinem Zuhause geführt und jetzt ist er zu schwach, um den ganzen Weg zurückzukriechen. Die Mittagssonne brennt kochendheiss auf Wurmo herab. Er müsste sich unter einem Blatt in Sicherheit bringen oder sich in die Erde graben, um nicht auszutrocknen. Doch Wurmo ist zu schwach. Traurig schliesst er die Augen. Wurmo hat sich schon aufgegeben, als ihn jemand vom Boden hebt und vorsichtig auf ein feuchtes Blatt legt.
"Hoffentlich kein Fischer!", denkt Wurmo verzweifelt.
"Was für ein schönes Würmchen", hört Wurmo stattdessen eine freundliche Mädchenstimme sagen.
"Genau so einen wie dich kann ich in meinem Blumenbeet gebrauchen", freut sich das Mädchen und träufelt etwas Wasser auf Wurmo, der dankbar die Augen öffnet.
Das Blumenbeet seiner neuen Freundin ist nun sein Zuhause und von hier will er für kein Federkleid der Welt wieder weg. Wurmo geniesst sein zweites Leben, lockert die Erde auf und gräbt unterirdische Gänge wie kein zweiter in der Gegend. Sein Blumenbett ist das schönste weit und breit. Wann immer es die Zeit zulässt, hält Wurmo kurz inne und blickt zufrieden auf seine Arbeit. Blumen in den schönsten Farben leuchten ihm entgegen und winken ihm dankbar für seine wichtige Arbeit zu.
"Ich mag zwar nicht der schönste Wurm sein, aber ein armes Würmchen bin ich ganz bestimmt nicht mehr!", denkt Wurmo und gräbt sich freudig wieder in die Erde ein.
© Brambrilla / Isabella und Daniela Cianciarulo
© Brambrilla / Isabella und Daniela Cianciarulo
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